Um ehrlich zu sein war die erste Herausforderung die Textlänge. Ich habe jahrelang nur kurze Gedichte geschrieben. Ein Theaterstück zu schreiben fühlte sich an, wie zum ersten Mal einen Marathon zu laufen. Diese Kondition musste ich mir erstmal aneignen. Die zweite Herausforderung war, dass ich zum ersten Mal für ein tatsächliches Publikum und nicht für viele individuelle Leser*innen geschrieben habe. Ich fand es besonders interessant, herauszufinden, wie man eine Menge an Menschen miteinbeziehen und bewegen kann.
Du kommst als Autorin nicht genuin aus dem Bereich der Dramatik, sondern hast mit anderen Formen begonnen und nun mit "aufstiegskörper. ein fühlversuch." Deinen ersten Text fürs Theater geschrieben. Was hat Dich an diesem Versuch interessiert und wie war der Prozess? Was ist anders als vorher?
In Deinem Text verhandelst Du das Thema des Klassismus in seinen Auswirkungen auf berufliche Karrierechancen von Menschen. War Dir dieses Thema vom Beginn des Schreibens an diesem Text an ein Anliegen? Und wenn ja, warum?
Mir war von Anfang an klar, dass ich über den Bildungstrichter schreiben wollte. Gleichzeitig wollte ich nicht über das Schulsystem schreiben, das ja offensichtlich stark segregiert. Mich haben die verborgenen, die schwer (be-)greifbaren Prozesse interessiert. Hier hat auch meine eigene Biografie als Aufsteigerin eine Rolle gespielt. Die ersten paar Semester an der Uni fühlte sich mein Körper einfach nur fehlplatziert an. Ich habe lang gebraucht, um zu verstehen, warum ich mich immer so unerwünscht fühlte. Damit war ich nicht allein, gleichzeitig schien niemand diese inneren Konflikte wirklich nach außen zu tragen. Das wollte ich ändern.
Du warst während des Probenprozesses auch auf Proben bei uns am Haus. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass das immer ein sehr aufregender Moment für Autor*innen ist, den eigenen Text, den man vom Papier kennt, jetzt an den Körpern anderer Menschen zu erfahren. Wie war das für Dich?
Besonders interessant war für mich die Erfahrung, zum ersten Mal einen Text „loslassen“ zu müssen. Ich war es gewohnt, dass meine Texte ausschließlich von mir selbst vorgetragen wurden. Nun habe ich zum ersten Mal ein ganzes Team, das sich mit dem Text beschäftigt und ihn mit vielen unterschiedlichen Stimmen auf die Bühne bringt. Das ist unfassbar bereichernd, besonders, weil das Schreiben an sich ja leider meist eine sehr einsame Tätigkeit ist.
Die Fragen stellte Esther Holland-Merten.